Buch-Autor Prof. Dr. Christof Graf über 40 Jahre Rock am Ring-Geschichte
1985, am 25. und 26. Mai vor vierzig Jahren fand am Nürburgring in der Eifel das erste Rock am Ring-Festival statt. In den Anfangsjahren bis zu Beginn der 2000er Jahre eröffnete das Zwei-Tages-Festival traditionsgemäß am Pfingstwochenende die jeweilige Open Air-Festival-Saison. „Rock am Ring“ machte die 1927 eingeweihte längste permanente Rennstrecke der Welt und einstiger Formel 1-Standort seit 1985 auch zum Mekka von Anhängern populärer Musik unterschiedlicher Genres. Der seit Anfang der 2000er Jahre dann jeweils Anfang Juni stattfindende „Rock am Ring“ machte viele Häutungen durch. 2025 ist „Rock am Ring“ schon lange nicht mehr das Rock-Festival, welches es einmal war. Im 40. Jubiläumsjahr ist „Rock am Ring“ längst Event-Location mit Erlebnischarakter, auf der es nicht mehr nur um die Musik auf den Bühnen geht.
1985 traten gerade einmal 17 Bands vor 75.000 Zuschauern auf einer Bühne auf. Der Eintritt kostete 49 D-Mark. 2025 spielen knapp 100 Bands an drei Tagen auf vier Bühnen. Der Eintritt kostet mit 261,50 Euro etwa das Zehnfache. Ein Camping- und/ oder Parking-Ticket und sonstige Kosten nicht inbegriffen. Alles blieb anders seit den Anfängen. Kein anderes Open-Air-Festival der Populären Musik hat in Deutschland derart Geschichte geschrieben, wie der „Rock am Ring“. Das Rock am Ring-Festival hat sich seit seiner ersten Ausgabe im Jahr 1985, als noch Baby-Boomer-Bands wie Joe Cocker, U2, Marillion, Saga oder Foreigner auftraten, erheblich verändert, sowohl in Bezug auf Größe, Vielfalt und Infrastruktur als auch auf die organisatorischen und kulturellen Aspekte. Der Woodstock-After-Spirit ist längst der Erlebnissucht jüngerer Generationen gewichen.
In Summe spiegeln die 40 Jahre eine Entwicklung von einem eher einfachen Rockfestival in den Boxengassen einer Rennstrecke zu einem multigenre, hochorganisierten Großereignis wider, das sowohl technische Innovationen als auch kulturelle Vielfalt integriert. Ja, „Rock am Ring“ war schon immer wie ein Labor, den Zeitgeist programmatisch abzubilden“, so der jetzige Veranstalter Matt Schwarz, Geschäftsführer von PRK DreamHaus. Aber Musik ist längst nicht mehr der rote Faden durch die „Rock am Ring“-Geschichte.
Die größte Veränderung in der Rock am Ring-Atmosphäre in den letzten 40 Jahren liegt im Wandel vom reinen Musik-Event hin zu einem umfassenden Erlebnis, das soziale, ökologische und technologische Aspekte integriert. Mehr Komfort und Bequemlichkeit sind heute gefragt, etwa durch Glamping (luxuriöses Campen), bessere Infrastruktur, vielfältiges Essen, Cashless zahlen und komfortable sanitäre Anlagen was den Alters- und Zielgruppenwandel widerspiegelt. Veränderte Erwartungen an das Gesamterlebnis, inklusive Gemeinschaftsgefühl und Nachhaltigkeit, Umweltbewusstsein, Innovation sowie Kundenansprache durch einen digitalen Kommunikationsmix prägen die Rock am Ring-Atmosphäre 2025.
Rock am Ring 2025 hat sich von der rauen, ungeschliffenen Bierbecher- und Zigaretten-Kultur-Veranstaltung hin zu einem komfortableren, technologisch fortschrittlichen und gesellschaftlich bewussteren jedoch auch zehnmal teureren Erlebnis gewandelt.
Auch wenn die 40jährige Geschichte von „Rock am Ring“ von stetiger wachstumsorientierter Veränderung geprägt ist, gab es auch Rückschläge.1988 brachen die Besucherzahlen ein, was zu einer zweijährigen Pause führte. Nach der Rückkehr 1991 etablierte sich „Rock am Ring“ schließlich zum größten Rockfestival Deutschlands. Die Zahl der auftretenden Bands stieg schon 2007 auf knapp 100. Auch die Besucherzahlen wuchsen kontinuierlich und erreichten 2016 mit 92.500 einen Höchststand. Und es gab auch Krisen und Tiefen. 1997 legte ein Blitzeinschlag die Stromversorgung während eines Auftritts von „Supertramp“ lahm. 2014 kam es zum Streit mit dem langjährigen Veranstalter und Rock am Ring-Erfinder Marek Lieberberg und den Nürburgring-Betreibern, was zu einem zweijährigen Umzug zum etwa 30 Kilometer entfernten Flughafengelände Mendig führte. 2016 sorgte ein schweres Unwetter für Unterbrechungen und Evakuierungen. 2017 gab es eine Terror-Meldung. 2020 und 2021 fiel „Rock am Ring“ aufgrund der COVID-19-Pandemie aus.
2025 feiert „Rock am Ring“ seine eigene Geschichte, geprägt von verschiedenen Besuchergenerationen. Egal, ob Babyboomer, Generation X, Y und Z oder Alpha, jede dieser Generationen hat ihre eigenen prägenden Erfahrungen, Werte und Charakteristika, sowie auch ihren eigenen popmusikalischen Soundtrack des Lebens. Die Bob Dylans, Carlos Santanas und Fleetwood Macs finden beim „Rock am Ring“ längst nicht mehr statt. 40 Jahre später sind es die „Bring Me The Horizons“, „Slipknots“ und „Korns“ als Headliner und die „Beatsteaks“, „Bullet For My Valentines“, die „Feine Sahne Fischfilets“ und „Powerwolfs“ & Co., die vom 6. bis 8. Juni 2025 auf nunmehr erstmals vier Bühnen mit knapp weiteren 90 Bands das „Rock am Ring-Jubiläum“ abfeiern.
Text & Fotos: Prof. Dr. Christof Graf
Im Oktober 2025 erscheint Christof Grafs zweites Buch über das Rock am Ring-Festival: OPEN AIR – 40 Jahre ROCK AM RING - Geschichten (1985-2025) ca. 500 Seiten, 600 Fotos, Preis: 39,90 .- Euro, COD-Verlag Saarbrücken, ISBN 978-3-945329-13-9