Das Quartett Automatic wurde 2017 in Los Angeles gegründet und besteht bis heute aus Izzy Glaudini (Synthesizer, Gesang), Halle Saxon (Bass, Gesang) und Lola Dompé (Schlagzeug, Gesang), Tochter des ehemaligen Bauhaus-Schlagzeugers Kevin Haskins. Automatic debütierten 2019 mit der LP/CD „Signal“, einer Mischung aus Post Punk und No Wave“, die sie über das Album „Excess“ (2022) bis hin zum neuen Werk „Is It Now?“ konsequent weiterentwickelt haben. Mit „Mercury“, „Lazy“ und dem titelgebenden Album-Opener haben sie vorab gleich drei Singles veröffentlicht. Zusammen mit Izzy lassen wir die Geschichte des amerikanischen Rock-Trios lebendig werden.
Welche Art von Musik hat euch als Teenager inspiriert und den Wunsch geweckt, professionelle Musikerin zu werden?
Wir lieben Velvet Underground, The Stokes, Joy Division, Blondie! Bands, die ihren eigenen Sound und ihre eigene Welt geschaffen haben. Viele Bands, die wir als Teenager geliebt haben, waren ebenfalls Autodidakten, was uns das Gefühl gab, dass es möglich ist, Musikerin zu werden.
Wo und wie hast du die beiden anderen Bandmitglieder kennengelernt? War es einfach, euch seit 2017 auf die musikalische Richtung zu einigen, die ihr einschlagen wolltet? Ihr habt quasi euer eigenes Genre erfunden: „Deviant Pop“. Wie würdet ihr dieses Genre beschreiben?
Wir haben uns beim Ausgehen in Los Angeles kennengelernt und ziemlich schnell eine Band gegründet. Wir waren uns einig, dass wir keine Gitarre wollten, was die Art von Sound, den wir kreieren würden, einschränkte. Wir waren stark von ESG, Kleenex, New Order, Talking Heads und The Flying Lizards beeinflusst. Unser Sound hat etwas Unheimliches, Verträumtes, ist aber auch sehr rhythmisch und groovig, sodass wir scherzten, dass „Deviant Pop” ein guter Name für unser Genre wäre.
Mit deinen eigenen Worten: Wie hat sich Automatic vom Debütalbum „Signal“ (2019) über „Excess“ (2022) bis hin zu „Is It Now?“ entwickelt?
Ich glaube nicht, dass sich unser Sound drastisch verändert hat, vielleicht ist es eher eine natürliche Entwicklung, da wir unsere Instrumente schon länger spielen. Dieses Album enthält mehr Live-Aufnahmen als zuvor, daher klingt es vielleicht etwas natürlicher und weniger roboterhaft!
Gibt es eine Art „Roten Faden“ (politisch, musikalisch, textlich), der alle 11 neuen Songs von „Black Box“ bis „Terminal“ verbindet?
Das Album als Ganzes ist definitiv geprägt von den politischen Umwälzungen, die derzeit in den USA ihren Höhepunkt erreichen. Es herrscht eine (berechtigte) kollektive Paranoia und ein Misstrauen gegenüber der Regierung und den Machthabern, das stärker ist als je zuvor. Es ist unmöglich, dass diese Perspektive nicht in unsere Musik einfließt. Ich denke, die meisten dieser Probleme werden durch Gier verursacht. Wenn es also einen Bösewicht in unserer Musik gibt, dann ist es die Gier!
Welche Rolle spielte Produzent Loren Humphrey? Hat die Zusammenarbeit Automatic auf eine neue Ebene gebracht? Wo habt ihr aufgenommen und wie können wir uns die Sessions vorstellen?
Wir haben im Sommer in New York City in den Diamond Mine Studios aufgenommen. Die Sessions waren sehr lang, und unser Produzent war in der ersten Woche sehr krank! Wir hatten trotzdem viel Spaß, Loren war sehr gut darin, uns aus unserer Komfortzone herauszuholen und uns dazu zu bringen, live zu spielen. Wir haben diese Songs sehr schnell geschrieben, sodass wir noch nicht wirklich herausgefunden hatten, wie wir sie spielen sollten, was etwas knifflig war. Loren ist Schlagzeuger, also hat er den Tracks viele perkussive Elemente hinzugefügt, was uns sehr viel Spaß gemacht hat.
Es ist sicherlich mehr als schwierig Lieblingsstücke auf dem Album zu nennen, da ihr sie alle komponiert habt. Aber habt ihr ein oder zwei Lieblingsstücke und wenn ja, warum gerade diese?
Ich glaube, „Black Box” und „Terminal” gefallen uns am besten, weil sie etwas düsterer und dramatischer klingen. Der Song „Terminal” wurde von Prodigy inspiriert, daher hat es Spaß gemacht, ihn zu arrangieren und zu spielen. „Mercury” ist ebenfalls ein Favorit der Band. Wir mögen eher die düsterer klingenden Songs.
Wie wichtig ist es für die Band, live zu spielen? Gibt es Pläne, nach der US-Tournee auch nach Europa zu kommen?
Live zu spielen ist wahrscheinlich der wichtigste Teil einer Band, es sei denn, man spielt nur mit Playbacks. Je mehr Konzerte man als Band spielt, desto besser spielt man zusammen, das kann die eigenen Fähigkeiten wirklich verändern. Und ja, wir kommen im November nach Europa und Großbritannien!
Euer Label Stones Throw Records ist eher für Hip Hop, Jazz, Soul und Funk bekannt. Daher schien es mir eine sehr interessante Wahl zu sein. Wie kam es dazu und wie hat sich das seitdem entwickelt?
Lolas Schwager arbeitete zu dieser Zeit nur einen Steinwurf entfernt und brachte einige unserer Demos mit, um sie dem Besitzer, Chris (Peanut Butter Wolf), vorzustellen. Neben Hip-Hop hat Chris eine große Leidenschaft für Post-Punk-Bands der 80er Jahre, daher fand er großen Gefallen an unserem Sound. Kürzlich erzählte er uns, dass er, wenn er in einer Band spielen könnte, gerne so klingen würde wie unsere Band!
Instagram, Facebook, TikTok. Wie wichtig sind Medienkanäle und Social-Media-Aktivitäten für Automatic? Und wie steht ihr generell dazu?
Wir haben wirklich keine Lust, viel Energie in Social Media zu investieren. Das hat uns nicht zur Musik gebracht, und wir finden es nervig, dass Musiker zu Talkshow-Moderatoren und Comedians werden müssen, um für ihre Musik zu werben. Wir sind im Grunde genommen Musikerinnen geworden, weil wir nicht gerne reden, daher ist es seltsam, dass dieser Druck besteht, ständig zu viel von sich preiszugeben und auf persönlicher Ebene zu kommunizieren. Dennoch ist es cool, einen direkten Draht zum Publikum zu haben und die Kontrolle über die eigene Geschichte zu behalten. Letztendlich wäre die Menschheit aber ohne all das besser dran.
Es gibt auch eine private Seite von Izzy, Halle und Lola. Wie entspannt ihr vom Musikgeschäft? Hobbys, Familie, Kinder?
Lola reitet gerne, ich streichele gerne Katzen und Halle mag Pflanzen.
Text:
Frank Keil Bilder: Erica Snyder