Was ab Anfang der 1990er Jahre in größerem Umfang in Hamburg gelaufen ist (Hamburger Schule) begann schon einige Jahre zuvor in Bad Salzuflen?
Frank Spilker: Ja, es fing dort mit dem 1985 gegründeten Fast Weltweit-Label und deren Veröffentlichungen an. Einige der Künstler wie Jochen Distelmeyer (Blumfeld), Bernd Begemann, Thomas Wenzel (Goldene Zitronen, bis 2018 auch Bassist bei Die Sterne) und ich zogen dann von dort aus nach Hamburg um ihre Karriere mit Nachdruck fortzusetzen.
Was war denn anfänglich der gemeinsame musikalische Nenner der Mitglieder? Und wer war damals Mitglied der Gruppe?
Vom New Wave kommende die deutsche Sprache, dann vermehrt Funk und HipHop. Man konnte und sollte zu der Musik tanzen. Auf der ersten EP wurde ja fast schon gerappt. Thomas Wenzel (Bass, Gesang), Frank Will (Keyboard), Christoph Leich (Schlagzeug, ex-Kolossale Jugend) und ich.
Du bist seit mehr als 30 Jahren der Texter von Die Sterne. Wie wichtig sind die Inhalte? Gehen sie über reine Unterhaltung hinaus?
Ich erzähle nicht direkt persönlichen Geschichten, wichtig ist was nach der Story kommt. Ich nannte das früher auch mal ´Unterhaltung für schräge Vögel´ mit Wechsel der Perspektive.
Eure Diskografie ist sehr umfangreich. Wenn Du heute zurückblickst, welche Alben würdest Du selber als bedeutende Meilensteine der Bandgeschichte einordnen?
„In Echt“ (1994), weil das Album den Mainstream erreicht hat. „Posen“ (1996) und „Von allen Gedanken schätze ich doch am meisten die interessanten“ (1997), weil beide kommerziell erfolgreich waren. „Wo ist hier“ (1999) wegen der verwendeten Elektronik. Und „Irres Licht“ (2002) weniger für mich, aber für andere, als Art Resumee der bisherigen Zeitleiste. Und dann „24/7“ (2010) als Art Verjüngung einer neu denkenden Band. Und nach den personellen Umbesetzungen das Album „Die Sterne“ (2020).
Du sprichst die Neubesetzung an. Wer außer Dir gehört denn aktuell zur Band?
In Sachen Studioaufnahmen arbeite ich mit unterschiedlichen Gästen zusammen. Was die Live-Formation angeht, werde ich seit 2012 von der Berliner Keyboarderin Dyan Valdés begleitet. Und wir haben uns die Rhythmusgruppe der Kölner Band Von Spar ins Boot geholt, eine Kombination die inhaltlich und menschlich absolut Sinn macht.
Bei welchen Labels sind denn insgesamt eure Veröffentlichungen erschienen?
Anfänglich bei L´age d´or, dann bei Sony Music/Epic und zuletzt bei PIAS. Und mit Tapete Records haben wir ein Paket für die Wiederveröffentlichung von sechs Alben zusammengestellt sowie die erste EP und LP.
Stichwort Wiederveröffentlichung. Gibt es einen Gedanken und ein Ziel dahinter?
Ja, Sammlern und jungen Leuten das Vinyl wieder zugänglich zu machen. Da geht es weniger darum in die Charts zu kommen, sondern die Platten im Shop und auf Tour verfügbar zu haben.
Bist Du als Sterne-Mastermind noch auf Nebenprojekte angewiesen, oder kannst Du nach wie vor von der Musik leben?
Die Sterne sind immer noch meine Haupteinnahmequelle. Ich profitiere von dem großen Back-Katalog der Band. Und dann nehme ich ab und an Hörspiele auf und habe ein Buch geschrieben.
Live scheint es nach wie vor ebenfalls gut zu laufen. Ihr wart bereits zum aktuellen Album „Hallo Euphoria“ (2022) auf Tour und werdet im März/April wieder unterwegs sein.
Ja, im Frühjahr werden die kleineren Städte in Angriff genommen, zumal dann auch ein Film über die Sterne erscheint. Da läuft die Promo demnächst an.
Wie hältst Du es mit Videodreh und Social-Media-Aktivitäten? Nimmt das breiten Raum ein?
Zu neuen Veröffentlichungen ja, aber es ist deutlich weniger geworden als zu Zeiten von MTV und VIVA. Ich versuche einen Kompromiss in Teamarbeit zu finden, der die Plattenfirma und mich zufriedenstellt.
Noch ein Statement zum Abschluss. Wie lange willst Du noch weitermachen?
So lange, wie es noch Spaß macht. Und: Hört, kauft und streamt „Wichtig“ und „Fickt das System“!
Vielen Dank an Frank Spilker!
Text: Frank Keil
Bilder: Tapete/Sterne