duesenjaeger


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Tour und Album zum Jubiläum

25 Jahre duesenjaeger – das will gefeiert werden. Daher gehen die melancholischen Punkrocker Tobi Neumann (Gesang, Bass), Jan Frohne (Gitarre), Torben Haunhorst (Gitarre, Gesang) und Lars Buhr (Schlagzeug) im Oktober auf Jubiläumstour. Diese macht im Studio 30 in Saarbrücken Station, weshalb wir Tobi und Torben zum Gespräch baten.

Eure diesjährige Tour steht unter dem Motto 25 Jahre duesenjaeger. Seid Ihr zufrieden mit dem, was Ihr erreicht habt und wie alles gelaufen ist? Seid Ihr gar überrascht, dass es so gut gelaufen ist? Oder hattet Ihr Euch Ziele gesetzt, die Ihr noch erreichen wollt?

Tobi: „Wir haben mehr erreicht, als wir ursprünglich vorhatten, und das macht mich ziemlich zufrieden. Der Weg dahin war allerdings relativ lang. 25 Jahre sind halt 25 Jahre, da bin ich selbst ein bisschen überrascht drüber, dass das schon so lange ist. Alles, was wir immer wollten, haben wir auch mehr oder weniger umgesetzt oder geschafft.“

Torben: „Was das Thema Ziele angeht, haben wir uns ja eigentlich nie so wirklich welche gesetzt. Wir hatten nie das Ziel, in der Dortmunder Westfalenhalle zu spielen, und nie das Ziel, irgendwelche Plattenverträge zu haben. Eigentlich ist immer alles so passiert, wie es letztendlich passierte. Manche Dinge haben uns vielleicht ein bisschen schneller nach vorne gebracht, andere langsamer. Aber eigentlich ist das bei uns alles relativ entspannt. Wir wollen keine große Rockband werden und schauen einfach immer, was passiert.“


Eine Tour zum Bandjubiläum erfordert das auch eine besondere Setlist?

Torben: „Wir haben letztes Wochenende geprobt, und da war das tatsächlich Thema. Wir hatten im Mai unser offizielles Jubiläumskonzert in Osnabrück, weil wir uns dort gegründet haben und auch heute noch proben. Wir hatten ein längeres Set als üblich und in chronologischer Reihenfolge von den Platten Songs gespielt. Nun haben wir uns überlegt, ob wir das auf der Tour vielleicht wieder so machen. Wahrscheinlich wird es nicht ganz in die Richtung gehen, aber es wird von allem etwas dabei sein. Normalerweise spielt man ganz gerne auch neuere Sachen. Zur Tour kommt auch eine neue Platte; die Veröffentlichung ist am 2. Oktober, also genau zum Tourstart. Da es aber die 25 Jahre Tour ist, wollen wir schon ein buntes Potpourri zum Besten geben.“


Gibt es eigentlich Songs, die Ihr noch nie live gespielt?

Tobi: „Ja, gibt es. Es sind nur nicht viele. Es hat immer dran gelegen, dass wir beim Schreiben nicht so richtig drauf aufgepasst haben, ob das live machbar ist. Wir haben gedacht, das muss man nur genug üben und dann geht das. Es liegt in erster Linie an mir, weil ich in den Fällen gemerkt habe, das Bassspielen und Singen gleichzeitig nicht geht. Oder dass der Gesang von vornherein ein bisschen zu hoch angelegt wurde, was im Studio geht, live aber nicht. Wir haben relativ viele Songs, und die meisten davon können wir auch mehr oder weniger spielen, also mehr oder weniger gut.“ (grinst)


Gibt es auch Songs von Euch, zu denen Ihr heute nicht mehr so steht, weil es musikalisch vielleicht nicht mehr so ganz dem entspricht, was ihr machen wollt, oder Ihr die Texte heute anders schreiben würdet?

Torben: „Ich schreibe mittlerweile gar keine Texte mehr. Ich habe ziemlich am Anfang häufiger noch Texte gemacht. Da fällt mir konkret einer ein, der thematisch keine Relevanz mehr für mich hat. Und musikalisch: Ich weiß nicht, wie Tobi das sieht, aber ich persönlich stehe musikalisch so ziemlich zu allem, was wir gemacht haben. Da gibt es keinen Grund, warum wir jetzt einen Song nicht mehr spielen würden. Höchstens den, dass wir manche seit 25 Jahren spielen und man selbst ab und zu vielleicht ein bisschen gelangweilt von ihm ist. Davon ab stehe ich noch hinter jedem Lied.“

Tobi: „Ich wüsste jetzt keinen Song, den ich nicht mehr spielen würde. Aber von den ganz alten, da gibt es bestimmt zwei oder drei, die so persönlich sind oder waren, dass ich mit der Situation, in der sie geschrieben wurden, nicht mehr viel zu tun habe. Das finde ich aber auch nicht schlimm. Es ist dann halt nur noch ein Song, der für mich persönlich inhaltlich nicht mehr so wichtig ist. Wir müssen uns nicht von etwas distanzieren oder etwas ausschließen.“


Vielleicht die schwierigste Frage, die ich Euch stellen will: Was macht duesenjaeger aus? Was ist das Besondere an der Band? Glaubt ihr, dass Ihr irgendwas anders macht als andere?

Torben: „Ich kann das jetzt nicht an irgendwelchen Akkordabfolgen festmachen oder an Melodien. Ich glaube aber schon, dass wir eine bestimmte Grundstimmung in der Musik haben - was ja auch häufig geschrieben wird - dieses melancholische und emotionale Element. Tobis Stimme ist auch besonders, die ab und zu auch polarisiert. Aber das Zusammenspiel von unserer Art Musik, den Texten, die Tobi hauptsächlich macht, und seiner Stimme, das ergibt einen eigenständigen Sound.“

Tobi: „Das ist echt eine schwierige Frage. Wir haben Musik immer so geschrieben, dass wir Sachen gespielt haben, die wir selber hören wollen. Ich habe irgendwann mal gesagt: Wenn ich ein Lied gut finde, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass irgendjemand da draußen das auch gut findet, relativ hoch. Das ist unsere Herangehensweise. Das überträgt sich offenbar auch auf andere Leute und scheint zu funktionieren. Wir machen halt immer einfach nur. Wir haben uns keine hohen Ziele gesetzt. Es ist nicht so, dass wir irgendwas unbedingt wollen, sondern es ist eher so, dass wir machen. Ich freu mich immer drüber, wenn es klappt, also wenn man irgendwo spielt und merkt, die Leute hören überhaupt zu und finden das auch gut. Das ist der Optimalfall.“

Torben: „Irgendwas muss ja eigenständig an uns sein, wenn wir in Plattenreviews eine Art Referenzband sind. Das ist Zeugnis dafür, dass man irgendwie eigenständig klingt.“


Wieso macht Ihr überhaupt Musik? Was gab damals den Ausschlag, ein Instrument in die Hand zu nehmen?

Torben: „Ich habe als Teenie angefangen, Musik zu hören und war auch relativ schnell bei Gitarrenmusik. Lass es mit elf oder zehn Jahren Queen gewesen sein. Gitarrenmusik hat mich immer schon angefixt – auch schnell härtere. So bin ich da reingerutscht. Ich kann gar nicht sagen, woher dieser Wunsch kam, eine Gitarre spielen zu können. Der Wunsch ist übrigens immer noch da. (lacht) Es hat mich einfach fasziniert. Ich glaube, ich habe relativ spät angefangen, Gitarre zu spielen; meine erste bekam ich erst mit 17. Dann war ich auf den ersten Konzerten und irgendwie hat mich das alles so angefixt und geflasht und ich wollte das. Jetzt nicht, um im Mittelpunkt zu stehen. Denn als es für mich tatsächlich die ersten Male auf die Bühne ging, wäre ich am liebsten im Boden versunken und abgehauen. Darum ging es mir nie, aber ich wollte ein Teil davon sein.“

Tobi: „Die Frage ist noch ein bisschen schwieriger als die davor, aber interessant. Bei mir kam das mehr oder weniger von einem Tag auf den anderen. Es war ganz klar: Ich wollte Bass spielen, nicht Gitarre. Bass schien mir einfacher zu sein, und ich fand es auch cooler - bis heute übrigens. Jan und ich haben genau zeitgleich mit dem Musizieren angefangen und auch zusammen Musik zu machen. Wir haben beide die Instrumente zu Weihnachten geschenkt bekommen und uns sofort mit einem Schlagzeuger getroffen und nicht erst das Instrument erlernt. Dann wurde gleich Musik gemacht. So machen wir das immer noch. Es gab in mir einen Drang, von dem ich nicht so richtig sagen kann, woher der kam.“


Dieses „einfach machen“ passt zu meiner nächsten Frage. Ich las, ihr hattet zwei Monate nach der Gründung der Band bereits das erste Demo aufgenommen. Wieso ging das so fix? Ich finde das erstaunlich. Man sollte meinen, da müssten sich erstmal die Leute zusammenfinden - rein musikalisch, als auch menschlich – und dann einen eigenen Sound finden. Das innerhalb von zwei Monaten durchzuziehen, ist Rekordtempo.

Torben: „Menschlich klappte das von vornherein, weil sich drei Viertel der allerersten Besetzung vorher schon kannten. Es war relativ schnell klar, in welche Richtung das geht, weil wir aus dem gleichen Lager kommen, quasi auch die gleichen Konzerte besucht haben oder auch die gleichen Bands gut fanden. Es gab zudem von der vorherigen Band von Tobi und Jan noch Liedbaustellen, die wir relativ schnell übernommen hatten. Irgendwer hatte gar ein Acht- oder Vierspurgerät, und dann nahmen wir den Quatsch einfach auf.“

Tobi: „Mir ist neulich auch aufgefallen, wie schnell das eigentlich ging. Da war ich selbst überrascht. Aber wir hatten halt alle vorher schon Bands, und wir haben von der Band, die Jan und ich vorher hatten, einen Song übernommen. Und wir haben von Torbens früherer Band einen übernommen. Deswegen ging das so schnell. Wir hatten halt Bock, es lag ein Haufen Ideen rum und wir haben anfangs viel und regelmäßig geprobt.“


Ihr lebt heute alle an anderen Orten, habt früher aber in der Nähe voneinander gewohnt und regelmäßig geprobt. Vermisst Ihr diese Zeiten oder ändert die räumliche Trennung, die Ihr heute habt, nichts am Zusammenhalt und dem Bandgefühl?

Torben: „Das kann man gar nicht direkt vergleichen, weil es 25 oder 20 Jahre her ist. Damals haben wir das Proben regelmäßig durchgezogen. Jetzt ist einfach eine ganz andere Zeit. Jeder hat andere Sachen zu tun. Damals waren wir alle Studenten. Heute führt jeder ein ganz anderes Leben. Ich könnte höchstens sagen: Ich vermisse es, 25 zu sein. Was auch wieder schwierig ist.“


Wie alt seid ihr?

Torben: „Wir sind alle 50.“

Ihr singt auf Deutsch, habt aber auch mal einen englischen Songtitel. Stand es nie zur Debatte, englische Texte zu schreiben?

Tobi: „Nein. In der Band, die Jan und ich vorher hatten, haben wir zunächst auf Englisch gesungen. Das ist mir schon auf den Keks gegangen. Ich hatte das Gefühl, es ist eigentlich egal, was ich singe, weil es schlecht zu verstehen war, gerade live. Da spielt es gar keine Rolle, was ich sang. Wir kannten aber Bands wie EA80 und Dackelblut, die wir unfassbar viel gehört hatten. Da war es sehr naheliegend, auf Deutsch zu singen. Es hat gut funktioniert und sich für mich viel besser angefühlt. Ich habe mir dann viel mehr Gedanken um die Texte gemacht. Meine englischen Texte waren schlicht und ergreifend dämlich. Wenn man aber auf Deutsch singt, dann überlegt man sich zweimal, ob man das wirklich so singen will oder nicht. Es geht dann nicht mehr nur um die Melodie, sondern auch darum, was man sagt.“


Auf eurem letzten Album „Die Gespenster und der Schnee“, das vor zwei Jahren erschienen ist, gibt es den Song „Herbstmanöver“, in dem es heißt: „Wir tanzen in Ruinen“. Dann gibt es den sehr schönen Song „Hurra Hurra Dystopia“ mit der Zeile „Wir waschen unsere Hände in Unschuld und in Blut, Hauptsache uns geht es gut.“ Seitdem die Texte entstanden sind, wurde nichts besser auf der Welt – eher im Gegenteil. Wie geht Ihr persönlich damit um, was alltäglich auf einen einprasselt? Und was kann man von den Texten auf dem neuen Album erwarten, das Ihr vorhin schon erwähnt hattet?

Tobi: „Ich bin sehr desillusioniert, weil alles so schnell so viel schlimmer geworden ist und es offenbar auch immer schneller noch schlimmer wird. Zustände wie in den USA konnte man sich so nicht wirklich vorstellen - und ich habe mir vorher schon eine Menge schlimmes Zeug vorgestellt. Das deprimiert mich schon sehr. Was die Texte auf der neuen Platte abgeht: So viel Abstand habe ich dazu noch gar nicht. Ich glaub nicht, dass sie noch düsterer sind.“

Torben: „Sie strotzen jetzt auch nicht gerade vor guter Laune. Und was ‚Hurra Hurra Dystopia‘ betrifft: Das beschreibt ja schon fast das Endstadium. Es gibt kaum noch eine Stufe schlimmer oder schlechter oder wie auch immer.“

Text: Kai Florian Becker Bild: Andreas Langfeld, Jennifer Fey