Engst


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Engst: Nicht die Schublade zählt, sondern der ganze Schrank

Sänger Matthias Engst ist Namensgeber der gleichnamigen Berliner Band, die er 2015 gegründet hat. Das Quintett bewegt sich stilistisch zwischen den Eckpfeilern Punk, Rock und Pop und hat sich vom Debüt „Flächenbrand“ (2018) über „Schöne neue Welt“ (2020) bis hin zum aktuellen Album „Irgendwas ist immer“ (Arising Empire/Edel) beständig weiterentwickelt. So erinnern sie stellenweise an Bands wie Dritte Wahl, Betontod oder Massendefekt. Folgerichtig gibt es genug Gesprächsstoff mit dem Frontmann, der in Teilzeit noch als Sozialarbeiter in Marzahn arbeitet.


Die Ursprünge der Formation liegen in der ProSieben-Castingshow „Die Band“, aber mit den Van Royals wolltest Du dann doch nicht arbeiten?

Nein, aber die Show und deren Gewinn waren zumindest finanziell lukrativ. Drei Mitglieder der ersten ENGST-Besetzung hatten auch an der Show teilgenommen, darunter Schlagzeuger Yuri Cernovolov, den dem ich schon vorher befreundet war. Mit ihnen und drei weiteren Musikern ging es dann los. Die aktuelle Besetzung besteht seit 2018 unverändert aus vier Musikern, aus Yuri, mir, Gitarrist Ramin Tehrani und Bassist Chris Wendel.


Ihr habt euch von Anfang an für die deutsche Sprache entschieden. Gibt es künstlerische Einflüsse, auf die sich die gesamte Band einigen kann?

Wir haben alle sehr unterschiedliche Hörgewohnheiten und eine Art gemeinsamen Künstler oder favorisierte Bands gibt es tatsächlich nicht.


Arbeitest Du noch in Deinem Beruf als Sozialarbeiter im Berliner Jugendclub „Energy“?

Ja, ich bin noch dessen Teilzeit-Leiter und möchte den Beruf noch so lange wie möglich neben der Musik ausüben.

Seit 2017 arbeitet ihr eng mit der Plattenfirma Arising Empire zusammen. Gilt da bis heute die Prämisse "never change a winning team"?

Wir arbeiten gerne mit Leuten die an uns glauben und mit denen wir beständig wachsen können. Und diese Voraussetzungen sind bei diesem Unternehmen gegeben. Und vom No Name-Act bis heute haben wir ja schon eine beachtliche gemeinsame Entwicklung hinbekommen. Sie haben unsere Vision als Band verstanden und mitgetragen.


Was kennzeichnet die Geschichte von ENGST zwischen „Flächenbrand“ und „Irgendwas ist immer“ am treffendsten?

Wir haben uns maßgeblich als Musiker und Band weiterentwickelt. Zu diesem engen Gefüge gehört auch unser Manager. Über die bisherigen Singles, EP´s und Alben haben wir viel ausprobiert und sind mit dem aktuellen Album definitiv auf einem neuen Level angekommen, getreu dem Motto: „Musik für Menschen“ mit offenen stilistischen Schubladen zu machen.


Ihr habt in den vergangenen Jahren viel live gespielt. Gibt es da eine Art Wertigkeit zwischen Shows und Aufnahmen?

Studioarbeit ist schön und macht Spaß, aber wir brennen in erster Linie für die Live-Auftritte vor alten und neuen Fans. Da siehst Du auch unsere Entwicklung am deutlichsten, publikumsnah und geerdet.


Kommen wir auf das neue Album und seine 13 Stücke zwischen „Digitale Liebe“ und „Die letzte Runde“ zu sprechen. Stammen alle Texte von Dir?

Für das neue Album hat jeder in der Band Instrumentals geschrieben und ich lieferte dann am Ende die Texte dazu, die sehr autobiografisch sind. Ich spreche da auch unangenehme Themen an, bei denen ich selbst nicht so gut wegkomme. Das ist insgesamt sehr authentisch. Aufgenommen haben wir wieder bei Mix Berlin Musicproduction mit dem bewährten Team aus Hannes Kelch und Sebastian Braunreuther.


Orientiert sich das Album an einer Art ´Rotem Faden´?

Der ´Rote Faden´ ist tatsächlich eine Art Zusammenfassung unserer vier Leben in den letzten zwei, drei Jahren. Dabei reicht die Bandbreite von zwischenmenschlichen Themen über Gesellschaftskritik bis hin zu Politik. Wir sind nicht die Schublade, wir sind der ganze Schrank. Jedes Thema, dass das menschliche Leben betrifft, findet bei ENGST statt. Und so wird auch die eigene Vergangenheit und Zukunft hinterfragt.

So kurz nach Fertigstellung fällt es Dir sicher nicht leicht den ein oder anderen Lieblingstitel zu nennen, oder?

Wenn ich ein Stück herausgreifen muss, dann die aktuelle Single „Umtausch ausgeschlossen“. Für mich die ideale Kombination aus Text und Musik. Auch wegen des Videos dazu.


Im Verhältnis zu anderen Bands habt ihr seid 2017 erstaunlich viele Videos gedreht. Wie kam es dazu?

Bewegte Bilder haben für uns zunehmend an Bedeutung gewonnen. Ich drehe schon länger auch für andere Bands Videos, zuletzt für ZSK, Massendefekt, Radio Havanna und Lars Frederiksen/Rancid. Das Thema ist für mich nach wie vor wichtig, mein künstlerischer Anspruch hoch, trotz verhältnismäßig kleinen Budgets, die mir oft zur Verfügung stehen. Das Verhältnis von Idee und Umsetzung muss stimmen.


Im November stehen Konzerte im DACH-Bereich an. Wie groß ist die Vorfreude auf die Tournee?

Riesig. Wir freuen uns über alle, die zu unseren Shows kommen und unsere Vorstellungen von selbstbestimmter, handgemachter Musik teilen. Und wenn es mehr werden, die ein oder andere Show ausverkauft ist, haben wir natürlich nichts dagegen. Den kompletten Tour-Support machen unsere Freunde von Bluthund aus Berlin.



Vielen Dank an Matthias Engst!

Text: Frank Keil
Bilder: Yuri Prinz

engst-musik.de