Feine Sahne Fischfilet


Feine Sahne Fischfilet

Alles außer Stillstand

Die mittlerweile zum Quintett geschrumpfte Band bewegt sich seit dem Debüt "Backstage mit Freunden" (Diffidati, 2009) stilistisch zwischen deutschsprachigem Punk und Ska. Durch negative Erfahrungen in Mecklenburg-Vorpommern geprägt, positionieren sich Feine Sahne Fischfilet seit der Bandgründung 2004 deutlich gegen Rechts und üben scharfe Gesellschaftskritik. Dies rief den Verfassungsschutz auf den Plan und hatte Indizierungsuntersuchungen zur Folge. Gleichzeitig stieg die Popularität der Band, die sich musikalisch weiterentwickelte und mit dem fünften Album „Sturm und Dreck“ (Audiolith, 2018) in den Top3 der deutschen Musikcharts angekommen war. Im Dezember 2019 entscheid sich die Band zu einer Pause, aus der sie jetzt mit dem neuen Album "Alles glänzt" (V.Ö. 12. Mai, Plattenweg Tonträger/Warner Music) und einer Open Air-Tournee im Sommer zurückkehrt. Stoff genug für ein anregendes Gespräch mit Sänger Jan "Monchi" Gorkow und Trompeter Max Bobzin.

Lange Jahre gab es keinen Besetzungswechsel bei Feine Sahne Fischfilet, aber seit 2022 seid ihr nur noch ein Quintett?

Monchi: Ja, das stimmt, zwischen 2011 und 2021 waren wir ein Sextett. Im Sommer 2021 haben uns Christoph und Jacobus auf unsere Initiative hin die Band verlassen. Wir wollten aber definitiv weitermachen und die Besetzung wurde dann durch Hauke Segert (Gitarre, Gesang) komplettiert, der nur zehn Fahrradminuten von mir entfernt in Rostock wohnt.

Habt ihr die Covid-19-Zwangspause auch für eine Neupositionierung der Band genutzt?

Monchi: Auf jeden Fall. Vorher gab es ja auch nie nur Glitzer und Party, es gab immer Auf und Abs. Gestern gab es noch Streit mit Nazis, heute spielen wir vor 10.000 Leuten. In diesem Wahnsinn haben wir uns bewegt. Im Rückblick fühlen sich die Jahre vor Covid-19 wahnsinnig an, was wir alles erlebt haben. Aber nach jedem Rausch folgt auch ein Kater. Ich kam dann durch meine Autorentätigkeit am Buch „Niemals Satt – Über den Hunger aufs Leben und 182 Kilo auf der Waage“, die Auszeit und die Arbeit an „Alles glänzt“ zur Ruhe. Und jetzt ist die Sehnsucht unendlich groß wieder live vor Publikum zu spielen.

Ihr seid in der glücklichen Lage einen gut eingerichteten Proberaum in Greifswald zu besitzen. Auch mit viel Technik, die euch gehört?

Max: Genau. Der hat in den letzten drei Jahren eine deutliche Nutzung erfahren. Dort haben wir vor allem mit Hauke das alte Material eingeübt und an neuen Stücken gearbeitet. Hier waren wir fast öfter als zuhause und sind jetzt froh wieder Kontakt zu unseren Fans zu bekommen.

Wo lässt sich „Alles glänzt“ innerhalb der bisherigen Diskographie seit 2009 einordnen?

Monchi: Musikalisch waren wir immer offen für Neues und daher ist „Alles glänzt“ für uns die logische Schlussfolgerung aus unserer bisherigen Entwicklung. Textlich habe ich noch nie so intensiv wie an den 12 neuen Stücken zwischen „Kiddies im Block“ und „Freaks dieser Stadt“ gearbeitet. Jedes Lied ist eine persönliche Geschichte, die mich bewegt. So wie zum Beispiel „Tage zusammen“, geschrieben für die beiden Kinder meiner Ex-Freundin oder „Wenn wir uns sehen“, gewidmet dem Freund und Seenotretter-Kapitän Dariush Beigui.

Das neue Album wurde von Philipp "Philsen" Hoppen produziert, der u.a. für Die Ärzte, Kraftklub und K.I.Z tätig war. Inwiefern hat er die Aufnahmen beeinflusst?

Max: Nachdem ca. sechs Titel in der Rohfassung fertig waren haben wir ihn kontaktiert und er hatte Lust auf die Zusammenarbeit mit uns. In seinem Studio in Brandenburg wurden diese Titel finalisiert und weitere aufgenommen. Wir haben es geschafft Altem treu zu bleiben und Neues erfolgreich auszuprobieren. Die Begeisterung für die neuen Songs haben alle mitgerissen.

Monchi: Philsen war so eine Art Trainer, der uns zugleich menschlich und musikalisch zu 100% verstanden hat und daher gebührt ihm ein großer Anteil an diesem Album.

Mit "Kiddies im Block" habt ihr bereits die erste Single mit dazugehörigem Video veröffentlicht, dem "Diese eine Liebe" als zweite Single mit dazugehörigem Video folgte. Um was geht es thematisch?

Monchi: „Kiddies im Block“ ist ein kraftvoller, leidenschaftlicher Opener und Türdurchbrecher gegen die Tristesse in den Sozialbaughettos in Mecklenburg-Vorpommern. Eine Standortbestimmung für FSF 2023, ´Digger wir sind zurück´!

Max: Und „Diese eine Liebe“ ist im Gegensatz dazu von einem entspannten Ska-Feeling geprägt, die ruhigere Seite von Feine Sahne Fischfilet.

Monchi: Wir können es Dir jetzt schon verraten, die dritte Single wird „Wenn´s morgen vorbei ist“ und erscheint noch vor dem Album. Das ist wieder Feine Sahne-Sound, wie man ihn schon lange kennt.

„Alles glänzt“ erscheint auf eurem eigenen Label, sind dort auch andere Veröffentlichungen geplant?

Monchi: Das wollen wir nicht ausschließen, aber derzeit sind wir voll und ganz mit dem neuen Album und der Open Air-Tournee beschäftigt.

Wie sieht die Live-Planung für die kommenden Monate bei euch aus?

Max: Die Release-Party findet am 13. Mai in Alt-Tellin auf Schloss Broock statt, danach startet die Open Air-Tournee „Komm mit aufs Boot“. Im September folgt noch unser eigenes Festival „Wasted in Jarmen“. Ob wir dann noch mit Club- und Hallen-Shows nachlegen, werden wir sehen.

Was steht in Sachen Aktionen/Initiativen derzeit auf eurem Programm?

Wir werden lokal wieder einiges reißen. Zum Beispiel werden wir bei uns zuhause in Vorpommern wieder unser eigenes Festival organisieren. In der Provinz was reißen, da wo sonst nicht viel geht. Und natürlich die Unterstützung von Seenotrettungsinitiativen.

Wie verbringt ihr eure sicherlich knappe Freizeit abseits der Band, ist Fußball noch ein Thema?

Max: Bei einigen von uns stehen bereits Kinder im Vordergrund, da bleibt wenig Zeit für Fußball.

Monchi: Als alter Fan von Hansa Rostock besuche ich deren Spiele, wenn ich zuhause bin. Leider sieht es momentan eher nach Abstieg in die 3. Bundesliga aus. Aber ich bleibe dem Verein ligaunabhängig treu.

Text: Frank Keil
Bilder: Erik Weiss

Strandbad Open Air, Losheim

Samstag, 26. August 2023

www.feinesahnefischfilet.de