Kino: DER WAHNSINN


Kino: DER WAHNSINN

Psychatrie trifft Kino: Dr. Ulrich Seidl über die ausgefallene Filmreihe "Der Wahnsinn" im Camera Zwo Kino in Saarbrücken

Menschen werden weggesperrt, mit Elektroschocks gefoltert, nehmen Schaden in einer Einrichtung, die ihnen doch eigentlich helfen soll. Dieses Bild, wie es im Film "Einer flog über das Kuckucksnest" mit Jack Nicholson gezeichnet wird, habe "das Bild von Psychiatrie und psychiatrischer Behandlung nachhaltig geprägt", sagt Dr. Ulrich Seidl. Und genau deswegen will der Ärztliche Direktor der SHG-Kliniken auf dem Sonnenberg und Chefarzt der dortigen Klinik für Psychiatrie diesen Film demnächst im Saarbrücker Kino Camera zwo zeigen. Er und weitere Gäste wollen mit den Zuschauern über das "Bild von der Zwangspsychiatrie" reden. Es soll um Fragen gehen wie "Brauchen wir psychiatrische Kliniken überhaupt?" Und: "Was machen wir mit Menschen, die sich nicht behandeln lassen wollen, aber doch schwer krank sind - wo ist da die Grenze?"

Der "Einer flog über das Kuckucksnest"-Abend ist Teil einer Kinoreihe mit dem Titel "Wahnsinn - jetzt im Kino". Alle zwei Monate soll ein Film gezeigt werden, in dem das Thema Psychiatrie oder psychische Erkrankungen eine Rolle spielt. Die Idee ist im Team von Ulrich Seidl entstanden. "Psychiatrie findet in Saarbrücken auf dem Sonnenberg statt - mit ganz viel Misstrauen und Vorurteilen belegt", sagt der Chefarzt. Beim Nachdenken darüber, wie man mit Menschen, die sich fürs Thema interessieren, ins Gespräch kommen kann, sei schnell klar gewesen: Vorträge auf dem Berg werden wenig Leute anlocken. Also habe man gesagt: "Wir kommen vom Berg in die Stadt, um Psychiatrie nach außen zu tragen." Das Kino sei ein guter Ort, um einen "niedrigschwelligen Einstieg" ins Thema zu ermöglichen.

Wobei es bei den Kino-Abenden nicht einfach darum gehen soll, dass man sich gemeinsam einen Film anschaut und die Experten vom Sonnenberg dann die Welt erklären. Man wolle mit den Zuschauerinnen und Zuschauern ins Gespräch kommen und ganz bewusst auch die einladen und zu Wort kommen lassen, die die Arbeit psychiatrischer Kliniken sehr kritisch sehen, sagt Ulrich Seidl. Und es soll darum gehen, dass es in der Psychiatrie nicht darum gehen kann, "jeden Menschen nach Schema F zu behandeln", sagt der Chefarzt. "Es gibt Menschen, die sind schwer krank", erklärt er. Menschen etwa, die Stimmen hören oder sich verfolgt fühlen. Andere Patienten reagieren auf etwas in ihrer Lebensgeschichte. "Die sind nicht schwer krank. Einige Patienten brauchen Medikamente, für andere wären Medikamente nicht gut, die brauchen viele Gespräche", sagt Seidl. Für alle Patientinnen und Patienten gelte für die SHG-Kliniken: "Grundlage unseres Handelns ist die Unantastbarkeit der Würde des Menschen."


Text: Martin Rolshausen
Foto: SHG


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