Orchestral Manoeuvres in the Dark


Orchestral Manoeuvres in the Dark

Orchestral Manoeuvres in the Dark: Mit eingängigem Synthie-Pop-Statement zurück

Nur wenige Musiker können auf eine 45jährige, zumeist erfolgreiche Karriere zurückblicken. Andy McCluskey ist einer davon. Zusammen mit Paul Humphreys hat er 1978 das Orchestral Manoeuvres in the Dark, kurz OMD, in der Nähe von Liverpool gegründet. Die Band gehörte in den 1980er Jahren mit ihrem Synthesizer-Pop zu den weltweit erfolgreichsten Vertretern der New Wave-Bewegung, nicht zuletzt durch die Single „Enola Gay“. Ende Oktober erschien mit „Bauhaus Staircase“ ein neues Studioalbum der Gruppe, die im Januar/Februar 2024 auf eine große Deutschland-Tournee kommt. Zusammen mit Frontmann Paul Humphreys lassen wir die Geschichte von OMD Revue passieren.


Welche Künstler, Künstlerinnen und Bands haben Dich und Paul inspiriert um Ende der 1970er Jahre selber Musik zu machen?

Das waren Slade, T-Rex, David Bowie, Roxy Music, Brian Eno, The Velvet Underground und vor allem Kraftwerk aus Düsseldorf.


Eure Anfänge und ersten Erfolge fielen in die Zeit von Punk und New Wave. Ihr hattet aber immer auch eine Pop-Seite, oder?

Wenn man unter Pop populär versteht, dann ist das richtig. Es kam uns immer auf eingängige Melodien und Rhythmen an. Die elektronische Musik hat sich ja immer wieder verändert und als ich 1975 in Liverpool/Empire Kraftwerk gesehen habe, hat das mein Leben verändert. Ich saß auf Sitz Q36 und von da an wollte ich nur noch Synthesizer-Pop machen. Da hatten wir noch vor Punk unsere Berufung gefunden.


Der Erfolg stellte sich rasch ein und das dritte Album „Architecture & Morality“ aus dem Jahr 1981 gilt bis heute als Genre-Meilenstein. Eine der darauf enthaltenen Singles, „Maid of Orleans“ erreichte eine Top 1-Platzierung in den deutschen Charts. Ist es auch für Dich eines der besten OMD-Alben?

Ich denke schon. Das erfolgreichste ist es auf jeden Fall. Fans und Medien lieben es. Und es nimmt auch für uns einen ganz besonderen Stellenwert innerhalb unserer umfangreichen Diskografie ein.

In den Folgejahren gab es Besetzungswechsel und OMD erlebten Höhen und Tiefen. Trotz musikalischer Veränderungen bliebt ihr bis 1988 zusammen, dann folgte eine Zeit in der Du bis 2001 alleine weitergemacht hast.

Paul und ich konnten uns Ende der 1980er Jahre nicht mehr auf einen gemeinsamen musikalischen Kurs einigen. Ich machte weiter und hatte unter anderem mit dem Album „Sugar Tax“ Erfolge. Aber die Anforderungen der Platenfirmen war enorm, es war immer eine harte Gradwanderung zwischen künstlerischem Anspruch und Erfolgsdruck. Das hat sich nach dem Neustart seit 2005 zum Guten verändert, wir können jetzt selbstbestimmt Musik machen.


Eine kurze Zwischenfrage sei erlaubt. Du warst 1998 aktiv an der Gründung der weltweit erfolgreichen Girl Group Atomic Kitten beteiligt. Wie kam es dazu und was hast Du bei ihnen gemacht?

1996 schrieb ich den Song „Walking on the Milky Way“, den ich für einen der besten von mir halte. Trotzdem war er ´out of date´ und ich zweifelte an mir und OMD. Mein Freund Karl Bartos, bis 1991 Mitglied von Kraftwerk, ermutigte mich weiterzumachen indem er sagte: „Kreiere eine eigene Band. So wurde die Idee einer Girl Group geboren und Atomic Kitten ins Leben gerufen. Ich war Songwriter & Produzent und habe die Formation bis 2002 begleitet.


2005 kam es durch den deutsch TV-Sender RTL zu einer Reunion von OMD. Sie hatten euch für eine 80er Jahre-Chartshow nach Köln eingeladen. Und ihr wart zurück?

Ja, sechs Minuten Probe, 3 Minuten Auftritt, alles bezahlt. Und unzählige Fans in der Hotelbar, die auf uns gewartet haben. Es gab wieder Tourneen und wir haben Alben eingespielt, darunter „The Punishment of Luxury“ 2017, mit dem wir wieder ganz oben angekommen sind.


Es ist sicher nicht einfach den eigenen Ansprüchen gerecht zu werden, neue Titel in der einen Hand, die umfangreiche 45jährige Historie in der anderen. Dieser Spagat scheint mit den neuen 12 Stücken zwischen dem titelgebenden Opener „Bauhaus Staircase“ und „Healing“ gut gelungen.

Danke. Ja, wir denken, das Album ist ´up to date´. Inhaltlich wie musikalisch. Das Songwriting während Covid-19 weckte Erinnerungen an früher, meine Mutter unten vor dem Fernseher, ich oben in meinem Zimmer vor einem Blatt Papier. Ich hatte genug Zeit unseren Ideenvorrat zu überarbeiten und auf den Punkt zu bringen.

Du bist Kunstliebhaber, malst auch selber. Ist die Bauhaus-Ära, die Kunst und Handwerk zusammenführte eine Inspiration für Dich?

Auf jeden Fall, ich finde die Architektur und das Design großartig. Wir spielen am 29. Januar in Jena. Von dort ist es nicht weit nach Weimar. Da möchte ich mir gerne das 2019 neu eröffnete Bauhaus Museum anschauen.


Wenn Du von „Bauhaus Staircase“ nur einen Lieblingstitel nennen dürftest, welcher wäre es?

„Healing“, auch wenn der Titel nicht von mir, sondern von einer Freundin, der Livepooler Sängerin/Songwriterin Caroline England geschrieben wurde. Die Produktion stammt von Uwe Schmidt (Senior Coconut/Atom TM), der daraus einen fantastischen Ambient-Elektro-Track geschaffen hat.


Demgegenüber stehen härtere Titel wie „Slow Train“ und „Kleptocracy“, ein Protestsong gegen Autokraten, voller nach wie vor aktueller Anspielungen.

Sie wurden von dem erfolgreichen Produzenten David Watts betreut, der durch seine Arbeit mit den Kaiser Chiefs und The Reytons bekannt wurde. Er hat OMD einen passenden Rocktouch verliehen.


Wie erholst Du Dich vom Wechsel zwischen Bühne und Studio am besten?

Mit der Familie, mit meiner Frau und den drei Kindern. Ich male, gehe gerne spazieren und bin ehrenamtlich im Verwaltungsrat des National Museums in Liverpool tätig. Kunst und Kultur kamen während der Pandemie zu kurz, wurden politisch beschnitten. Das muss sich wieder dauerhaft zum Positiven wenden.



Vielen Dank an Paul Humphreys!

Text: Frank Keil
Bilder: Ed Miles


omd.uk.com