Propaganda


Propaganda

Propaganda -

Legendäre Synthie-Pop-Band

1982 gründete der Düsseldorfer Musiker Ralf Dörper nach seiner Trennung von Die Krupps die legendäre Synthie-Pop-Band Propaganda. Fast zwei Jahrzehnte nach ihrer letzten Veröffentlichung kehrt er zusammen mit Michael Mertens (seit 1983 dabei) zurück um mit „Propaganda“ ein neues Album zu präsentieren. Die acht von den beiden Musikern in der NRW-Landeshauptstadt produzierten Titel befinden sich auf der Höhe der Zeit und reflektieren persönliche, gesellschaftliche und politische Umbrüche der letzten Jahre nach einer bewegten Bandgeschichte. Im Gespräch mit Ralf Dörper lassen wir die Geschichte der Band überblicksartig Revue passieren.


Welche Bands, Künstler und Künstlerinnen haben Dich inspiriert selber Musik zu machen?

Aktiv zur Musik gekommen bin ich durch Punkrock ab Mitte der 1970er Jahre aus den USA und Großbritannien. Aber mich haben schnell Bands mit elektronischer Musik inspiriert wie DAF. Synthesizer wurden damals generell in der Anschaffung erschwinglich, da bin ich eingestiegen.


Du warst zwischen 1980 und 1982 zunächst kurz bei S.Y.P.H. und danach bei Die Krupps, die mit deutschen Texten zu einem Mix aus Industrial Music und EBM auf sich aufmerksam machten. Was hat Dich dann zu einem deutlichen Stilwechsel bewegt, der in der Gründung von Propaganda mündete?

Bei den Krupps bin ich damals ´gegangen worden´ und so habe ich mich auf die Umsetzung meiner meine eigenen Soundvorstellungen konzentriert. Und durch viele Zufälle, u.a. durch das Interesse von Trevor Horn/ZTT Records in England, wurde aus dem ursprünglichen Trio ein Pop-orientiertes Quintett mit Susanne Freytag und Claudia Brücken.


Propaganda entwickelten sich in den 1980er Jahren zu einer der erfolgreichsten Pop-Bands in Deutschland, die mit Hits wie „Dr. Mabuse“ und „p:Machinery“ sowie den Alben „A Secret Wish“ (1985) und „Wishful Thinking“ (Remixe) sogar internationale Erfolge feierten. Durch einen Rechtsstreit mit dem Label ZTT und durch bandinterne Umbesetzungen kam es zum Bruch. Was das auch die Zeit, in der Du Dir in der Finanzbranche ein zweites Standbein aufgebaut hast?

„A Secret Wish“ stammte vorwiegend von Michael und mir. Tanzbare Synthiebeats mit starken Melodien. Als „Wishful Thinking“ von ZTT ohne unsere Kenntnis veröffentlicht wurde, kam es zu einem langjährigen Rechtsstreit. Claudia Brücken verlies die Band, da sie damals mit dem ZTT-Manager Paul Morley verheiratet war. 1988 konnten wir zu Virgin Records wechseln und dort 1990 in neuer Besetzung „1234“ veröffentlichen. Während der Studioaufnahmen ging ich dann, war aber weiterhin musikalisch aktiv, u.a. mit Nitzer Ebb und den reformierten Die Krupps. Als ich merkte, man kann Dich musikalisch so einfach ausbremsen, schuf ich mir nach einem Traineeprogramm in der Finanzbranche ein zweites, sicheres Standbein.


Ab wann hast Du das Interesse an Propaganda wiedergefunden?

Als wir in der Originalbesetzung mit Susanne, Claudia, Michael und mir 2004 zu Ehren des Produzenten Trevor Horn mit vielen anderen KünstlerInnen in der Londoner Wembley Arena aufgetreten sind, hatte ich wieder Lust auf die Band. 2007 gab es in der Besetzung einen Auftritt in der TV-Sendung „Die ultimative Chartshow“, aber eine wirkliche Wiedervereinigung blieb dann doch aus.


Mit Michael Mertens machst Du seit 1983 Musik, wann entstand die Idee zur neuen LP/CD?

Michael hat ja viel Werbe- und Film-Musik gemacht und 2015 fragte uns Holly Johnson (Frankie Goes To Hollywood) nach einem Remix. Und da haben sich Michael und ich uns an altes, unfertiges Material erinnert. Von da an haben wir beide wieder die Arbeit an Propaganda-Material aufgenommen. Hat eine Weile gedauert und wurde von Covid-19 unterbrochen.


Gab es dafür eine Art Roten Faden, dem die einzelnen Titel folgen?

Es ist kein Konzeptalbum, aber die erste Seite der LP ist eher traditionell, die zweite Seite eher avantgardistisch ausgerichtet. Die limitierten Formate sind jeweils um fünf Stücke erweitert, alles sehr atmosphärisch gehalten.


Welche Bedeutung kommt den zumeist englischsprachigen Texten zu?

Die Texte haben viele Ebenen, mit Bezügen zu Film und Literatur. Mit der Absicht eine gewisse Zeitlosigkeit zu schaffen. Klimawandel, Umweltschutz, aktuelle Themen, die sich auch in einem Titel wie „Tipping Point“ wiederfinden, nur habe ich ihn schon vor mehr als fünf Jahren geschrieben.


Mit dem Film-Komponisten Hauschka (Oskar-Preisträger) und der Künstlerin Thunder Bae sind Gäste mit dabei, welche Rolle kommt ihnen zu?

Beide sind mehr als Gäste, deren Arbeiten uns schon lange begeistern. Ein ´perfect fit´ für die Titel, bei denen sie dabei sind.


Hast Du einen Lieblingstitel auf dem Album?

Das sommerliche „Tipping Point“ und das herbstliche „Distant“. Nicht zu vergessen, das deutschsprachige Stück „Wenn ich mir was wünschen dürfte“, eine Interpretation des Songklassikers aus den 1930er Jahren.


Das Album erscheint auf dem eher kleinen deutschen Label Bureau B. Was hat euch zur Zusammenarbeit bewogen?

Unser Katalog war bei BMG, ist mittlerweile bei Universal. Aber wir wollten jemanden, der vom ´Mindset´ zu uns passt, da kam Bureau B ins Spiel, denn sie vertreten schon viele deutsche Elektronik-Acts gut, auch im Ausland.


Werden wir Propaganda in absehbarer Zeit live erleben können?

Ich gehe momentan nicht davon aus, Dafür bräuchten wir mehr als die acht neuen Stücke. Und ich würde ungern in den Clubs oder Hallen spielen, mit denen ich mit Die Krupps auftrete.


Text: Frank Keil Bilder: Thomas Stelzmann


facebook.com/propagandamabuse