Tocotronic, drei Hamburger, die in Berlin leben, legen am 14. Februar mit „Golden Years“ ihr 14. Studioalbum vor. Wir sprachen daher mit Dirk von Lowtzow (Gesang, Gitarre), Jan Müller (Bass) und Arne Zank (Schlagzeug).
Ihr seid jetzt zu dritt, nachdem im Oktober bekannt geworden war, dass Gitarrist Rick McPhail aus persönlichen und gesundheitlichen Gründen eine Auszeit nimmt. Geht es ihm gut? Und wie geht es Euch mit dieser Entscheidung, jetzt wieder zu dritt zu sein?
Dirk: Ich glaube, wir können schon sagen, dass es ihm den Umständen entsprechend ganz gut geht. So wahnsinnig viel mehr möchten wir auch gar nicht sagen, um seine Privatsphäre zu schützen. Für uns war das natürlich eine sehr traurige Nachricht, weil wir erstens 20 Jahre zusammen gespielt haben. Und zweitens hat Rick auch noch für dieses Album seine Gitarren in seiner unnachahmlichen Art eingespielt. Gleichzeitig war es auch sehr vertraut, weil wir natürlich in genau dieser Formation vor 30 Jahren angefangen haben. Wie so vieles ist die Situation ambivalent.
Es heißt, Ihr habt das Album anders aufgenommen. Inwiefern anders und mit wem?
Dirk: Wir haben das wie unsere letzten sieben oder acht Alben mit unserem Produzenten Moses Schneider aufgenommen. Insofern gibt es da schon eine Kontinuität. Aber wir haben es getrennt voneinander aufgenommen. Wir hatten die Lieder vorskizziert und dann nach und nach vervollständigt. Es war ein bisschen wie ein Faltzettelspiel: Einer hat angefangen den Kopf zu zeichnen. Dann hat jemand den Bauch gezeichnet, dann jemand die Füße und so weiter. Das Interessante daran war, dass es extrem auseinanderdividiert war, aber dass Moses Schneider durch die Art, wie er das Album produziert und konzipiert hat, die größtmögliche Korrelation hergestellt hat. Es ging darum, die Illusion zu erschaffen, als wären wir alle in einem Raum gewesen und als wäre das Album in einer Session entstanden. Das fanden wir konzeptuell ziemlich spannend, weil wir natürlich solche Widersprüche sehr, sehr mögen. Sowas macht die Sache spannend.
Was war der Grund für diese Herangehensweise - Eure Komfortzone zu verlassen?
Jan: Es ist ja nicht das erste Mal, dass wir so gearbeitet haben. Das Album „Die Unendlichkeit“ ist auf ganz ähnliche Art entstanden. Diese Herangehensweise war nicht schwieriger, sondern eben nur anders. Ich fand es interessant, den Korridor des Proberaums nicht zu betreten, weil manches eben live auch nicht möglich ist. Die Stücke würden anders klingen, hätten wir sie live aufgenommen.
Dirk: Die hätte man so vielleicht gar nicht gemacht. Es ergeben sich so andere Problemstellungen und demzufolge andere Lösungen. Es war eine sehr interessante Aufgabenstellung, die Stücke so zum Leben zu erwecken.
Unterm Strich gibt einem „Golden Years“ ein positives Gefühl mit. Ich denke insbesondere an die wunderschöne Textzeile „Finsternis ist Mist“. Nach dem Motto: Es ist zwar alles scheiße, aber wird schon.
(alle lachen) Arne: Ich freue mich über den Ausdruck „Es ist zwar alles scheiße, aber…“.
Jan: Es freut mich sehr, wenn du sagst, dass es dir ein positives Gefühl gibt, weil es natürlich keine Heile-Welt-Musik ist. Aber wenn trotzdem ein positiver Impuls ausgelöst wird, fände ich das persönlich schön.
Das komplette Interview gibt es in diesem Monat in der POPSCENE-Radiosendung „Tipps4Hits“ auf laut.fm zu hören.
Text: Kai Florian Becker
Bild: Noel Richter